Max Nagl Ensemble

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Im Wiener Porgy & Bess entstand 2022 ein Livemitschnitt voller bläserstarker Kompositionen. Nagl führt durch die Welt von „Gangster“, „Auzinger“ oder „Plattinger“, verquer arrangierter Zirkusmusiken wechseln mit trauerkondukt-ähnlichen Kompositionen. Ein bestens vorbereitetes zehnköpfiges Ensemble gestaltet die an Gustav Mahler und Werner Pirchner erinnernde, herrlich kurvenreiche, wiederholt rasante Fahrt mit Free Music-Spiellaune. Jeder übernimmt mehrere Aufgaben, manchmal meint man, einer weit größer besetzen BigBand zuzuhören. (Wolfgang Gratzer, Jazzpodium)

 

Gangsta Parade in der Wildnis des Anninger

 

Mit eiserner Konsequenz zieht Max Nagl seinen Plan der Einwort-Titeln für seine Stücke durch. „Parade“, „Bausch“, Anninger“, „Wildnis“, „Cargo“, „Gangsta“ etc.

 

Und noch eins zieht er bemerkenswert durch: den kultivierten Wildwuchs von Stilen, mit den Ohren eines Jazzverwurzelten behört, die, unter gestrenger „Naglprobe“, ein unverkennbares, kunterbuntes Eigenleben führen. Nun war´s wieder soweit zum „Once In A Club-Year“-Konzert aufzurufen. Zum Einstieg zelebrierte das Kollektiv eine genüssliche Andeutung einer Mariachi-Parade. Das Stück könnte „Sombrero“ oder „Clavo“ heißen. Man weiß es nicht genau. Unmittelbar war die überbordende Spielfreude, die die gesamte Performance durchzog, entfesselt. Es folgte eine Art Eisler/Weill-Cocktail in einer süffigen Mischung. Plötzlich diskutierten Nino Rota und Ennio Morricone fellinische Bilderfluten. Sodann jubilierte Zirkusmusik – Paraphrasen, wie sie Willem Breuker oder Hannes Zerbe nicht besser hätten inszenieren können. Ein bisschen Klezmerism. Blasmusikalischer Furor mit speziell oberösterreichischer Note und ein wenig „Manhattan-Rock“-Cholerik durften auch nicht fehlen. Jetzt wird folglich durch Nagls musikalisches Können und Verstehen, seiner Offenheit nach allen Seiten bestimmt, warum Aggregatzustand und Architektur der Musik, inhaltlich derart eloquent und relevant, die Erkenntnisvermögens- und die Emotionsebene gleichermaßen rühren – Hirn mit Ei also. Mit jenem kauzig, humorigen Eigensinn, seriös fundiert, montiert Nagl all die charakterisierenden Versatzstücke und Entlehnungen in seine Klangwelten. Dort tummeln sich in ausgefeilten, labyrinthischen Arrangements bizarre harmonische Wendungen, satte Polyphonie in dichtem Gewebe, kontrapunktische Stimmzüge im Dialog der Streich- und Blasinstrumente, Tempowechsel im Freudentaumel. Kernpunkt: die biegsame, sprechend wirkende Melodik. Grundiert anhand rhythmischer Geradlinigkeit, die sich da und dort verzwickte „Einfüllungen“ erlaubt. Als Spannungs-Crescendo. Raum für improvisatorischen Einzelenthusiasmus steht in Nagls Konzept so und so außer Frage. Im Großformat unterliegt dieser Freiraum fokussierter Bemessenheit. Da dies auch für die Stücklänge gilt. Features waren für alle MusikerInnen vorgesehen. Geprägt von klassischer Intonation, Bluesgetränktheit, hymnischer Beseeltheit, eleganter, andererseits hitziger Jazzphrasierung, elektronischen Glissandi, magischer Trommelei und persönlichem Dialekt. Nagl weiß dies für die Vielschichtigkeit seiner Musik mit großen Ohren zu nutzen. Einfallsreichtum respektive Originalität waren in allen Momenten präsent.

 

Unterm Strich: feinster chromatisch-diatonischer Wahnsinn fußend auf erstklassiger kompositorischer Kompetenz. MAXimalistisch. (Hannes Schweiger, über das Konzert vom Januar 2022)

Programm und Besetzung

Max Nagl: Sopran-, Alt-, Tenor-, Baritonsaxophon
Pamelia Stickney: Theremin
Joanna Lewis: Violine
Anne Harvey-Nagl: Violine
Clemens Salesny: Alt-, Tenorsaxophon
Martin Eberle: Trompete
Phil Yaeger: Posaune
Clemens Wenger: Keyboards
Gregor Aufmesser: Bass
Herbert Pirker: Schlagzeug

PORGY & BESS Jazzclub Wien

Das Porgy & Bess (eigentlich Jazz- and Musicclub Porgy & Bess) ist ein Jazzclub in der Riemergasse 11 im 1. Bezirk von Wien. Der 1993 gegründete Club gilt „als wichtigster Jazzveranstalter und Szenetreffpunkt“ der österreichischen Hauptstadt.

Das Programm des Porgy & Bess spricht ein sehr großes Publikum an, etwa 70.000 Gäste im Jahr; entsprechend wird Jazz „sehr pluralistisch verstanden“, und im Programm „auch in Randbereiche, wie elektronische Musik, zeitgenössische Musik und Weltmusik, vorgedrungen.“  Neben zahlreichen internationalen Interpreten, insbesondere aus dem US-amerikanischen Raum, finden auch österreichische Musiker hier eine Auftrittsmöglichkeit. Der Club bietet auch die Bühne für Events, wie etwa die Verleihung des Austrian World Music Award.

Dem Musikwissenschaftler Christian Scheib zufolge ist das Porgy & Bess „gleichzeitig essenziell für die Weiterentwicklung der musikalischen (Jazz-)Wirklichkeit einer Stadt“ und braucht und verbraucht „als Stadtraum schlicht alltäglich Musik“. Es schaffe sich „durch künstlerische Vorlieben, akustische Qualität, Fassungsvermögen und realer Auslastung die notwendige Abgrenzung von anderen Clubs.“ Dabei erlauben die unterschiedlichen Bereiche des Jazzclubs – Bereich vor der Bühne mit Tischen, Galerie im oberen Stockwerk, ein seitlicher Bereich mit einer Bar am Tresen – unterschiedlich intensive Konzentration auf das Konzertgeschehen. Für die Jazzthetik ist das Porgy & Bess sogar ein „Traditionsclub.“

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